Balkon ueber Grenze

Frage: Hallo ich denke darüber nach einen Balkon bauen zu lassen. Leider habe ich auf dieser Seite, der einzigen auf der ich einen Balkon anbauen kann, nur ca. 1Meter zum Nachbargrundstück. Die Wohnung ist im 3. Stockwerk. Da ich auch das 4. noch ausbauen möchte und ich hierfür eine Rettungsplattform 3.OG für die Feuerwehr benötige hab ich mich gefragt ob es eine Vorschrift für die Größe dieser Plattform gibt oder ob ich mit Zustimmung vom Nachbarn die Baugrenze einfach überschreiten darf?
Vielen Dank für Ihre Anregungen.


Antwort:
Ich versuche, Ihre Frage auf der Grundlage der Vorschriften in Baden-Württemberg zu beantworten. Falls Sie aus einem anderen Bundesland kommen, vergleichen Sie die entsprechenden Paragrafen mit den in diesem gültigen. Die meisten werden Sie unter Downloads finden.

 

Zu Abstandsflächen steht in der Landesbauordnung (LBO) Baden-Württemberg folgendes:

 

§ 5  Abstandsflächen

 

(1) Vor den Außenwänden von Gebäuden müssen Abstandsflächen liegen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind. Eine Abstandsfläche ist nicht erforderlich vor Außenwänden an Grundstücksgrenzen, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften

 

1. das Gebäude an die Grenze gebaut werden muss, es sei denn, die vorhandene Bebauung erfordert eine Abstandsfläche, oder

2. das Gebäude an die Grenze gebaut werden darf und öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird.

 

Die öffentlich-rechtliche Sicherung ist nicht erforderlich, wenn nach den Festsetzungen einer abweichenden Bauweise unabhängig von der Bebauung auf dem Nachbargrundstück an die Grenze gebaut werden darf.

 

(2) Die Abstandsflächen müssen auf dem Grundstück selbst liegen. Sie dürfen auch auf öffentlichen Verkehrsflächen, öffentlichen Grünflächen und öffentlichen Wasserflächen liegen, bei beidseitig anbaubaren Flächen jedoch nur bis zu deren Mitte.

 

(3) Die Abstandsflächen dürfen sich nicht überdecken. Dies gilt nicht für Abstandsflächen von Außenwänden, die in einem Winkel von mehr als 75° zueinander stehen.

 

(4) Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich nach der Wandhöhe; sie wird senkrecht zur jeweiligen Wand gemessen. Als Wandhöhe gilt das Maß vom Schnittpunkt der Wand mit der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand. Ergeben sich bei einer Wand durch die Geländeoberfläche unterschiedliche Höhen, ist die im Mittel gemessene Wandhöhe maßgebend. Sie ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der Höhenlage an den Gebäudeecken; liegen bei einer Wand die Schnittpunkte mit der Dachhaut oder die oberen Abschlüsse verschieden hoch, gilt dies für den jeweiligen Wandabschnitt.

 

(5) Auf die Wandhöhe werden angerechnet

 

1. zu einem Viertel die Höhe von Dächern mit einer Neigung von mehr als 45° sowie die Höhe von Giebelflächen, wenn mindestens eine Dachfläche eine Neigung von mehr als 45° aufweist,

2. in vollem Umfang die Höhe von Dächern mit einer Neigung von mehr als 70° sowie die Höhe von Giebelflächen zwischen diesen Dächern.

Die Giebelfläche beginnt an der Horizontalen durch den Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut; bei verschieden hohen Schnittpunkten beginnt die Giebelfläche am unteren Schnittpunkt.

 

(6) Bei der Bemessung der Abstandsfläche bleiben außer Betracht

 

1. untergeordnete Bauteile wie Gesimse, Dachvorsprünge, Eingangs- und Terrassenüberdachungen, wenn sie nicht mehr als 1,5m vor die Außenwand vortreten

2. Vorbauten wie Wände, Erker, Balkone, Tür- und Fenstervorbauten, wenn sie nicht breiter als 5m sind und nicht mehr als 1,5m, bei Wänden und Dächern aus lichtdurchlässigen Baustoffen (Wintergärten) nicht mehr als 2m vortreten und von Nachbargrenzen mindestens 2 m entfernt bleiben.

 

(7) Die Tiefe der Abstandsflächen beträgt

 

1. allgemein 0,6 der Wandhöhe,

2. in Kerngebieten, Dorfgebieten und in besonderen Wohngebieten 0,4 der Wandhöhe,

3. in Gewerbegebieten und in Industriegebieten, sowie in Sondergebieten, die nicht der Erholung dienen, 0,25 der Wandhöhe.

 

Sie darf jedoch 2,5m, bei Wänden bis 5m Breite 2m nicht unterschreiten. Der nachbarschützende Teil der Abstandstiefen beträgt bei Nummer 1 0,4 der Wandhöhe, bei Nummer 2 0,2 der Wandhöhe und bei Nummer 3 0,125 der Wandhöhe, mindestens jedoch die Tiefe nach Satz 2.

 

(8) Bei Wänden mit einer Länge bis zu 16m genügt der nachbarschützende Teil der Abstandstiefen nach Absatz 7, mindestens jedoch 2,5m, bei Wänden bis zu 5m Breite mindestens 2m.

 

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, wenn die baulichen Anlagen höher als 2,5m sind und ihre Wandfläche mehr als 25m² beträgt.

 

§ 6 Abstandsflächen in Sonderfällen

 

(1) Abstandsflächen sind nicht erforderlich vor Außenwänden von Gebäuden oder Gebäudeteilen, die eine Wandhöhe von nicht mehr als 1m haben. Darüber hinaus sind Abstandsflächen nicht erforderlich vor Außenwänden von Gebäuden oder Gebäudeteilen, die nur Garagen oder Nebenräume enthalten, der örtlichen Versorgung dienen oder sich auf öffentlichen Verkehrsflächen befinden, soweit

 

1. die Wandhöhe nicht mehr als 3m beträgt und

2. die Wandfläche nicht größer als 25m² ist.

 

Ergeben sich bei einer Wand durch die Geländeoberfläche unterschiedliche Höhen, ist für die Ermittlung der Wandhöhe nach Satz 2 Nr. 1 der höchste Punkt der Geländeoberfläche zugrundezulegen. Die Grenzbebauung entlang den einzelnen Nachbar-grenzen darf 9m und insgesamt 15m nicht überschreiten.

 

(2) Werden mit Gebäuden oder Gebäudeteilen nach Absatz 1 dennoch Abstandsflächen eingehalten, so müssen sie gegenüber Nachbargrenzen eine Tiefe von mindestens 0,5m haben.

 

(3) Für Gewächshäuser gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Bei landwirtschaftlichen Gewächshäusern, die Absatz 1 nicht entsprechen, ist nur gegenüber Nach-bargrenzen eine Abstandsfläche erforderlich, die eine Tiefe von mindestens 1m haben muss.

 

(4) Geringere Tiefen der Abstandsflächen sind zuzulassen, wenn

 

1. in überwiegend bebauten Gebieten die Gestaltung des Straßenbildes oder besondere örtliche Verhältnisse dies erfordern oder

2. Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden.

 

In den Fällen der Nummer 1 können geringere Tiefen der Abstandsflächen auch verlangt werden.

 

(5) Darf nach planungsrechtlichen Vorschriften nicht an die Grundstücksgrenze gebaut werden, ist aber ein Gebäude auf dem Nachbargrundstück bereits an dieser Grenze vorhanden, so kann die Baurechtsbehörde zulassen, dass angebaut wird.

 

(6) In den Abstandsflächen sind zulässig

 

1. Gebäude und Gebäudeteile nach Absatz 1 sowie Gewächshäuser,

2. bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, wenn sie in den Abstandsflächen nicht höher als 2,5m sind und ihre Wandfläche nicht mehr als 25m² beträgt.

 

§ 7 Übernahme von Abständen und Abstandsflächen auf Nachbargrundstücke

 

(1) Soweit nach diesem Gesetz oder nach Vorschriften auf Grund dieses Gesetzes Abstände und Abstandsflächen auf dem Grundstück selbst liegen müssen, dürfen sie sich ganz oder teilweise auf andere Grundstücke erstrecken, wenn durch Baulast gesichert ist, dass sie nicht überbaut werden und auf die auf diesen Grundstücken erforderlichen Abstandsflächen nicht angerechnet werden. Vorschriften, nach denen in den Abstandsflächen bauliche Anlagen zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können, bleiben unberührt.

 

(2) Die bei der Errichtung eines Gebäudes vorgeschriebenen Abstände und Abstandsflächen dürfen auch bei nachträglichen Grenzänderungen und Grundstücksteilungen nicht unterschritten oder überbaut werden. Absatz 1 gilt entsprechend.

 

Wie Sie unter §5(7) lesen können, beträgt die Tiefe der Abstandsfläche, je nach Gebiet, zwischen 0,25 und 0,6 der Wandhöhe, mindestens jedoch 2,50m, bei Wänden bis 5m Breite 2,00m.

 

Dies unterschreiten Sie mit Ihrer Außenwand bereits jetzt. Was nach §7 möglich ist, sofern durch Baulast gesichert ist, dass die dann auf dem Nachbargrundstück liegenden Abstandsflächen nicht überbaut werden etc..

 

Also müsste für Ihr Nachbargrundstück bereits jetzt eine Baulast eingetragen sein.

 

Wenn Sie jetzt einen Balkon in Richtung Nachbar anbauen wollen, so müsste dieser dazu bereit sein, diese Baulast zu erweitern.

 

Zwar werden Balkone nicht auf die Abstandsflächen angerechnet, allerdings nur, wenn sie nicht mehr als 1,50m vor die Außenwand vortreten und einen Abstand zur Nachbargrenze von min. 2,00m haben (siehe §5(6)). Dieser Abstand wäre bei Ihnen unterschritten, somit müsste der Balkon auf die Abstandsflächen angerechnet werden.

 

Über die Grundstücksgrenze hinausragen lassen können Sie den Balkon nicht. Das würde aber Ihr Nachbar auch kaum mitmachen.

 

Nun zur Frage des zweiten Rettungsweges, sprich des von Ihnen angedachten Balkons.

 

Zum Brandschutz steht in der LBO unter

 

§ 15  Brandschutz

 

(1) Bauliche Anlagen sind so anzuordnen und zu errichten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch im Interesse der Abwendung von Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen und Tieren vorgebeugt wird und bei einem Brand wirksame Löscharbeiten und die Rettung von Menschen und Tieren möglich sind.

 

(2) Bauliche Anlagen, die besonders blitzgefährdet sind oder bei denen Blitzschlag zu schweren Folgen führen kann, sind mit dauernd wirksamen Blitzschutzanlagen zu versehen.

 

(3) Jede Nutzungseinheit muss in jedem Geschoß mit Aufenthaltsräumen über mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege erreichbar sein. Der erste Rettungsweg muss in Nutzungseinheiten, die nicht zu ebener Erde liegen, über mindestens eine Treppe (notwendige Treppe) führen; der zweite Rettungsweg kann eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle oder eine weitere notwendige Treppe sein. Der zweite Rettungsweg ist nicht erforderlich bei Gebäuden mit einem Treppenraum, in den Feuer und Rauch nicht eindringen können (Sicherheitstreppenraum).

 

Wenn Ihr Haus nicht über ein Sicherheitstreppenhaus verfügt, so benötigen Sie in jedem Geschoss mit Aufenthaltsräumen einen zweiten Rettungsweg in Form einer zweiten Treppe oder einer zum Anleitern der Feuerwehr geeigneten Stelle.

 

Also in jedem Geschoss, sprich ein Balkon im 3.OG genügt nicht als zweiter Rettungsweg für Aufenthaltsräume im 4.OG.

 

Eine zum Anleitern geeignete Stelle kann z.B. ein Balkon oder eine Dachterrasse sein, eine Mindestgröße ist nicht festgelegt.

 

Auch Fenster können als Rettungsweg dienen. Diese müssen aber über eine bestimmte, je nach Bundesland unterschiedliche, Größe verfügen.

 

In Baden-Württemberg ist dies in der Ausführungsverordnung zur LBO (LBOAVO) geregelt.

 

§ 14 Türen, Fenster (Zu § 30 Abs. 1, § 15 Abs. 1 und 3 und § 16 LBO)

 

(1) Mindestens dichtschließende Türen müssen vorhanden sein in den Öffnungen zwischen

 

1. notwendigen Treppenräumen und Wohnungen,

2. notwendigen Fluren und Wohnungen,

3. notwendigen Treppenräumen und notwendigen Fluren, die zu nicht mehr als sechs Wohnungen oder Nutzungseinheiten entsprechender Größe führen.

 

(2) Mindestens rauchdichte und selbstschließende Türen müssen vorhanden sein in den Öffnungen zwischen

 

1. notwendigen Treppenräumen und notwendigen Fluren, ausgenommen notwendigen Fluren, die zu nicht mehr als sechs Wohnungen oder Nutzungseinheiten entsprechender Größe führen,

2. notwendigen Treppenräumen von Gebäuden geringer Höhe und Nutzungseinheiten, die einer Büro- oder Verwaltungsnutzung dienen und nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 keinen notwendigen Flur haben müssen,

3. notwendigen Treppenräumen von Gebäuden geringer Höhe und Untergeschossen oder Dachräumen ohne Aufenthaltsräume sowie Werkstätten, Verkaufsstätten, Lagerräumen oder ähnlichen Räumen,

4. Wohnungen in Gebäuden geringer Höhe und anderen Räumen.

Notwendige Flure mit einer Länge von mehr als 40m Länge müssen durch nicht abschließbare Türen nach Satz 1 unterteilt werden.

 

(3) Mindestens feuerhemmende und selbstschließende Türen müssen vorhanden sein in den Öffnungen zwischen

 

1. notwendigen Treppenräumen und Nutzungseinheiten, die einer Büro- oder Verwaltungsnutzung dienen und nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 keinen notwendigen Flur haben müssen,

2. notwendigen Treppenräumen und Untergeschossen oder Dachräumen ohne Aufenthaltsräume sowie Werkstätten, Verkaufsstätten, Lagerräumen oder ähnlichen Räumen,

3. Wohnungen und anderen Räumen.

 

Satz 1 gilt nicht für Gebäude geringer Höhe.

 

(4) Mindestens feuerbeständige und selbstschließende Türen müssen vorhanden sein in den Öffnungen

 

1. von inneren Brandwänden,

2. von Wänden, die nach § 8 Abs. 8 anstelle von inneren Brandwänden zugelassen werden.

 

(5) Fenster, die als Rettungswege dienen, müssen im Lichten mindestens die Größe eines Quadrates mit Seitenlängen von 0,9m haben. Sie müssen von innen ohne Hilfsmittel vollständig zu öffnen sein. Die Unterkante

der lichten Öffnung darf nicht mehr als 1,2m über dem Fußboden liegen. Liegen diese Fenster in Dachschrägen oder Dachaufbauten, darf ihre Unterkante oder ein davor liegender Austritt horizontal gemessen nicht mehr als 1,0m von der Traufkante entfernt sein.

 

(6) An allgemein zugänglichen Verkehrsflächen müssen Glastüren und andere Glasflächen so ausgebildet oder gekennzeichnet sein, dass sie leicht erkennbar sind.

 

Unter (5) finden Sie die Vorgaben für Fenster und Dachfenster/-ausstiege, die als Rettungsweg dienen. Für Dachausstiege gibt es spezielle Produkte für diesen Fall.

 

Sie haben somit die Möglichkeit, entweder für jedes Geschoss einen Balkon anzubauen, der die Grundstücksgrenze nicht überschreitet, mit Einverständnis des Nachbarns und Eintragung einer entsprechenden Baulast für dessen Grundstück.

 

Oder Sie bauen als Rettungsweg geeignete Fenster bzw Dachausstieg ein.

 

Wie gesagt, die Vorschriften sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Die Vorschriften der einzelnen Länder finden Sie unter Downloads.

13. Jan 2009   | Email | Nach oben
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