Frage: Hallo liebes Frag-den-Architekten-Team,
wir haben in einer Gemeinde in B-W ein Grundstück gesehen, was uns zusagen würde. Jetzt möchten wir gerne abklären, was wir drauf bauen dürfen, bevor wir es kaufen.
Die maximal zulässige Grundfläche für ein Einfamilienhaus ist 144m² laut Bebauungsplan.
Wir brauchen zusätzlich zum Haus noch drei geräumige Garagen, was sich auf dem Grundstück auch gut unterbringen lässt. Diese Garagen hätten wir gerne in Verlängerung des Hauses, sozusagen "angedockt", damit man im Trockenen durch die Garagen in das Wohnhaus gelangen kann.
Frage: zählen "angedockte" Garagen zur Hausgrundfläche? Falls ja: gibt es einen Trick, wie man das hinbekäme, die Garagen ans Haus ("warm") anzubinden, und dennoch zu erreichen, dass beide Bauwerke als "Einzelbauwerke" angesehen werden können?
Und: bestünde Ihrer Erfahrung nach darüberhinaus die Möglichkeit, einen Teil der Garagendachfläche als Dachterrasse zu nutzen?
Herzlichen Dank für Ihre Antwort!
Antwort: Garagen und Stellplätze sowie ihre Zufahrten sind auf die Grundflächenzahl (GRZ) nur bedingt anzurechnen.
Siehe Baunutzungsverordnung (BauNVO) unter
§ 21a Stellplätze, Garagen und Gemeinschaftsanlagen
(1) Garagengeschosse oder ihre Baumasse sind in sonst anders genutzten Gebäuden auf die Zahl der zulässigen Vollgeschosse oder auf die zulässige Baumasse nicht anzurechnen, wenn der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht.
(2) Der Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Abs. 3 sind Flächenanteile an außerhalb des Baugrundstücks festgesetzten Gemeinschaftsanlagen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 22 des Baugesetzbuchs hinzuzurechnen, wenn der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht.
(3) Soweit § 19 Abs. 4 nicht entgegensteht, ist eine Überschreitung der zulässigen Grundfläche durch überdachte Stellplätze und Garagen bis zu 0,1 der Fläche des Baugrundstücks zulässig; eine weitergehende Überschreitung kann ausnahmsweise zugelassen werden
1. in Kerngebieten, Gewerbegebieten und Industriegebieten,
2. in anderen Baugebieten, soweit solche Anlagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Baugesetzbuchs im Bebauungsplan festgesetzt sind.
(4) Bei der Ermittlung der Geschoßfläche oder der Baumasse bleiben unberücksichtigt die Flächen oder Baumassen von
1. Garagengeschossen, die nach Absatz 1 nicht angerechnet werden,
2. Stellplätzen und Garagen, deren Grundflächen die zulässige Grundfläche unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 überschreiten,
3. Stellplätzen und Garagen in Vollgeschossen, wenn der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht.
(5) Die zulässige Geschoßfläche oder die zulässige Baumasse ist um die Flächen oder Baumassen notwendiger Garagen, die unter der Geländeoberfläche hergestellt werden, insoweit zu erhöhen, als der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht.
und
§ 19 Grundflächenzahl, zulässige Grundfläche
(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.
(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.
(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.
(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von
1. Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,
2. Nebenanlagen im Sinne des § 14,
3. baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird, mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden
1. bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder
2. wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.
Nach §21a(3) ist also eine Überschreitung der zulässigen Grundfläche durch überdachte Stellplätze und Garagen bis zu 0,1 der Fläche des Baugrundstücks zulässig; eine weitergehende Überschreitung kann ausnahmsweise zugelassen werden.
Diese Überschreitung darf aber nach §19 50% der GRZ, höchstens aber bis zu einer GRZ von 0,8 nicht überschreiten, weitere Überschreitungen können in geringfügigem Ausmaß zugelassen werden.
Ob Ihre Garagen ans Haus angebaut oder freistehend sind, ist unerheblich.
Was die Frage der Nutzung des Garagendaches als Terrasse angeht, so ist hier wohl eher das Nachbarrecht als das Baurecht von Interesse. Bei der Ermittlung der Geschossfläche (GFZ) bleiben nach §20(4) BauNVO Terrassen außer Betracht.
Im Nachbarrechtsgesetz (NRG) dagegen ist die Frage des Grenzabstandes von so genannten „ausblickgewährenden Anlagen“ geregelt:
§ 4 Abstand von ausblickgewährenden Anlagen
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen, dass vor Balkonen, Terrassen, Erkern, Galerien und sonstigen begehbaren Teilen eines Nachbarhauses, die einen Ausblick auf sein Grundstück gewähren, auf dem Nachbargrundstück Abstandsflächen eingehalten werden, die in der Tiefe mindestens 1,80m über die Vorderkante und in der Breite auf jeder Seite mindestens 0,60m über die Seitenkante der genannten Gebäudeteile hinausreichen.
BauNVO, NRG und mehr finden Sie unter Downloads.