Frage: ich habe eine Gebäude BJ 1880 in Grenzbebauung. Die Abmarkung an der Grundstücksgrenze ist in Flucht der Traufkante. Jetzt streitet mein Nachbar, dass ich bei der Errichtung einer Fassdenverkleidung innerhalb der Traufkante diese 10cm auf seinem Grundstück errichtet habe, diese soll ich zurück bauen. Der Nachbar kaufte diese Grundstück 1998, mit dem Vorbesitzer gab es keine Grenzprobleme. Die Verkleidung habe ich 2001 errichtet. Gibt es aufgrund des Baujahres eine generelle Entscheidung / Festlegung, dass die Traufkante Grundstücksgrenze ist? Die Behauptung des Nachbarn ist, dass die Mauerwerksgrenze = Grundstücksgrenze ist. Ich habe ein Rechtsverfahren eingeleitet, mir liegt die Klagschrift im Entwurf vor, hätte aber von ihnen gerne noch eine Stellungnahme. Unter welchen Rechtsbedingungn muss mich der Nachbar auf dessen Grundstück lassen um z.B. Rinnen zu säubern, Reparaturen am Gebäude ausführen etc.?
Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Informationen.
Antwort: Wo die Grundstücksgrenze ist, hat mir Ihrem Haus erst einmal gar nichts zu tun. Sie werden mir sicher zustimmen, dass im Regelfall das Grundstück zuerst da war.
Es richtet sich also nicht die Grundstücksgrenze nach dem Haus, sondern die Bebauung sollte sich nach den Grundstücksgrenzen richten.
Suchen Sie mal am Rand Ihres Grundstücks. Da werden Sie die Grenzpunkte finden.
Eine Grundstücksgrenze dürfen Sie nicht einfach überbauen.
Zur Duldung eines Überbaus steht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter
§ 912 Überbau; Duldungspflicht
(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.
(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.
Wie sich das mit der groben Fahrlässigkeit bei Ihnen verhält, kann ich nicht beurteilen. Ich bin auch kein Anwalt.
Zum Überbau sagt auch das Nachbarrecht etwas. Hier ein Auszug aus dem Nachbarrechtsgesetz (NRG) Baden-Württemberg:
§ 7 b Überbau
(1) Darf nach den baurechtlichen Vorschriften unmittelbar an die gemeinsame Grundstücksgrenze gebaut werden, so hat der Eigentümer des Nachbargrundstücks in den Luftraum seines Grundstücks übergreifende untergeordnete Bauteile, die den baurechtlichen Vorschriften entsprechen, zu dulden, solange diese die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. Untergeordnete Bauteile sind insbesondere solche Bestandteile einer baulichen Anlage, die deren nutzbare Fläche nicht vergrößern.
(2) Darf an beiden Seiten unmittelbar an die gemeinsame Grundstücksgrenze gebaut werden, so haben die Eigentümer der benachbarten Grundstücke zu dulden, dass die Gebäude den baurechtlichen Vorschriften entsprechend durch übergreifende Bauteile angeschlossen werden.
(3) Der Eigentümer des Gebäudes, von dem Bauteile übergreifen, hat dem Eigentümer des Nachbargebäudes den durch den Anschluss nach Absatz 2 entstandenen Schaden zu ersetzen. Auf Verlangen des Berechtigten ist vor Beginn dieser Maßnahme eine Sicherheitsleistung in Höhe des voraussichtlich entstehenden Schadens zu leisten.
Falls Sie in einem anderen Bundesland wohnen, schauen Sie in das dort gültige Gesetz.
Ob das Gericht Ihre Fassade als zu duldendes untergeordnetes Bauteil ansieht, bleibt abzuwarten.
Was den Zutritt auf das Nachbargrundstück für Reparaturen u.ä. angeht, so steht dazu im NRG:
§ 7 c Hammerschlags- und Leiterrecht
(1) Kann eine nach den baurechtlichen Vorschriften zulässige bauliche Anlage nicht oder nur mit erheblichen besonderen Aufwendungen errichtet, geändert, unterhalten oder abgebrochen werden, ohne dass das Nachbargrundstück betreten wird oder dort Gerüste oder Geräte aufgestellt werden oder auf das Nachbargrundstück übergreifen, so haben der Eigentümer und der Besitzer des Nachbargrundstücks die Benutzung insoweit zu dulden, als sie zu diesen Zwecken notwendig ist.
(2) Die Absicht, das Nachbargrundstück zu benutzen, muss dem Eigentümer und dem Besitzer zwei Wochen vor Beginn der Benutzung angezeigt werden.
Ist der im Grundbuch Eingetragene nicht Eigentümer, so genügt die Anzeige an den unmittelbaren Besitzer, es sei denn, dass der Anzeigende den wirklichen Eigentümer kennt. Die Anzeige an den unmittelbaren Besitzer genügt auch, wenn der Aufenthalt des Eigentümers kurzfristig nicht zu ermitteln ist.
(3) Der Eigentümer des begünstigten Grundstücks hat dem Eigentümer des Nachbargrundstücks den durch Maßnahmen nach Absatz 1 entstandenen Schaden zu ersetzen. Auf Verlangen des Berechtigten ist vor Beginn der Benutzung eine Sicherheit in Höhe des voraussichtlich entstehenden Schadens zu leisten.
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