Anbau unter Terrasse in Hessen

Frage: Ich möchte in Hessen unter einer vorhandenen Terrasse einen Raum ausbauen. Dazu müsste unter der Terrasse ausgeschachtet werden, ein Stück Bodenplatte gegossen werden und die Terrasse zur Abstützung untermauert werden. Unter der Terrasse befinden sich jetzt sechs Säulen gegossen, die sie abstützen, aber unter der Terrasse ist kein Raum. Ist für dieses Vorhaben eine Baugenehmigung nötig?

 

Antwort: Nach einiger Zeit mal wieder eine Anfrage aus Hessen. Ihr seid hier, gemessen an der Bevölkerungszahl, etwas unterrepräsentiert. Vielleicht liegt es ja daran, dass die Hessen aufgrund ihrer besonders dämlichen Landesbauordnung schon so verzweifelt sind, dass sie sich ans Bauen schon gar nicht mehr rantrauen? Die Hessische Bauordnung (HBO) ist wirklich ein besonders schlimmes Beispiel für die unsägliche Kleinstaaterei in Deutschland, bei der jedes popelige Landesparlament meint, sich seine Wichtigkeit dadurch beweisen zu müssen, dass es alles ein Bisschen anders festlegt als die anderen.

 

Nix für ungut, genug der Polemik. Nun also zur Sache.

 

Ihr Vorhaben ist auf keinen Fall verfahrensfrei, sprich Sie können es nicht einfach ausführen, ohne die Pläne dafür einzureichen.

 

Das heißt aber nicht unbedingt, dass Sie eine Baugenehmigung brauchen. Unter gewissen Umständen unterliegt Ihr Vorhaben der Genehmigungsfreistellung. Siehe folgender Paragraf der HBO:

 

§ 56 Baugenehmigungsfreie Vorhaben im beplanten Bereich (Genehmigungsfreistellung)


(1) Keiner Baugenehmigung bedarf über § 55 hinaus die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von

 

1. Wohngebäuden,

 

2. sonstigen Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3,

 

3. sonstigen baulichen Anlagen, die keine Gebäude sind, sowie anderen Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2,

 

4. Nebengebäuden und Nebenanlagen zu Vorhaben nach Nr. 1 bis 3, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 vorliegen. 2Satz 1 gilt nicht für Sonderbauten. 3Satz 1 gilt auch für Änderungen und Nutzungsänderungen von Anlagen, deren Errichtung oder Änderung nach vorgenommener Änderung oder bei geänderter Nutzung nach dieser Vorschrift baugenehmigungsfrei wäre.


(2) Vorhaben nach Abs. 1 sind baugenehmigungsfrei gestellt, wenn

 

1 . sie im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30 Abs. 1 oder der §§ 12, 30 Abs. 2 des Baugesetzbuches liegen,

 

2. sie keiner Ausnahme oder Befreiung nach § 31 des Baugesetzbuches bedürfen,

 

3. die Erschließung im Sinne des Baugesetzbuches gesichert ist,

 

4. sie keiner Abweichung nach § 63 bedürfen und

 

5. die Gemeinde nicht innerhalb der Frist nach Abs. 3 Satz -3 der Bauherrschaft schriftlich erklärt, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, oder eine vorläufige Untersagung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 des Baugesetzbuches beantragt.


(3) 1Die Bauherrschaft hat die erforderlichen Bauvorlagen bei der Gemeinde einzureichen und zeitgleich eine Zweitausfertigung der Bauaufsichtsbehörde zuzuleiten. 2Eine Prüfpflicht der Gemeinde und der Bauaufsichtsbehörde besteht nicht. 3Mit dem Vorhaben darf einen Monat nach Eingang der erforderlichen Bauvorlagen bei der Gemeinde begonnen werden. 4Teilt die Gemeinde der Bauherrschaft vor Ablauf der Frist schriftlich mit, dass kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll und sie eine Untersagung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht beantragen wird, darf die Bauherrschaft bereits vor Ablauf der Frist nach Satz 3 mit der Ausführung des Vorhabens beginnen; von dieser Mitteilung hat die Gemeinde die Bauaufsichtsbehörde schriftlich zu unterrichten. 5Will die Bauherrschaft mit der Ausführung des Vorhabens mehr als drei Jahre, nachdem die Bauausführung nach Satz 3 oder 4 zulässig geworden ist, beginnen, gelten Satz 1 bis 4 entsprechend.


(4) 1Die Erklärung der Gemeinde nach Abs. 2 Nr. 5 kann insbesondere deshalb erfolgen, weil die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 1 oder 2 nicht vorliegen oder weil sie eine Überprüfung des Bauvorhabens aus anderen Gründen für erforderlich hält; eine Begründungspflicht besteht hierfür nicht. 2Darauf, dass die Gemeinde von ihrer Erklärungsmöglichkeit keinen Gebrauch macht, besteht kein Rechtsanspruch.


(5) § 60 Abs. 2 Satz 1 und 4, Abs. 3 und 5 gelten entsprechend. § 59 bleibt unberührt

 

Wenn also diese Voraussetzungen erfüllt sind, müssen Sie zwar die Bauvorlagen einreichen, Sie benötigen jedoch keine Baugenehmigung. Sprich, es wird billiger und geht etwas schneller.

 

Gehen Sie auf Ihr Baurechtsamt und fragen Sie dort nach, wie es sich damit in Ihrem Fall verhält.

 

Die HBO und mehr finden Sie unter Downloads.

30. Jun 2008   | Email | Nach oben
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