Frage: Wir haben einen Neubau in Österreich. Wir haben nun zwei Fenster mit der Größe 142 B x 203 H cm Glasfläche und ein Fenster mit 120 B x 203 H cm Glasfläche. Beides ist Sicherheitsglas. Wenn man gegen die kleinere Glasfläche drückt wackelt diese richtig, bei den größeren gibt fast überhaupt nichts nach. Unser Fensterverkäufer von Josko hat uns gesagt, dass bei den größeren Flächen 6 mm Sicherheitsglas und bei der kleineren 4 mm Sicherheitsglas verwendet wurde, da das bei dieser Größe normal ist. Mich würde interessieren, ob diese Erklärung stimmt, oder ob er sich nur herausreden will, damit keine Reklamation entsteht. Ganz lieben Dank schon jetzt im voraus für Ihre Beantwortung.
Antwort: Das darf selbstverständlich nicht sein, dass die Scheibe sich verbiegt oder das Fenster wackelt, wenn Sie dagegen drücken. Außer vielleicht, Sie stemmen sich mit Ihrem ganzen Gewicht dagegen, je nach Gewicht natürlich.
Wenn sich die Scheibe verbiegt, wenn Sie etwas dagegendrücken, ist sie falsch dimensioniert oder schadhaft. Wenn das ganze Fenster wackelt, ist es wahrscheinlich nicht richtig eingebaut.
Es gibt klare Regeln, wieweit sich Fensterrahmen und Scheibe bei welchem Druck durchbiegen dürfen. Die verschiedenen Glashersteller haben wiederum für ihre jeweiligen Gläser Vorschriften bez. der Glasstärke je nach Druck und Fenstergröße, nach denen sich der Fensterbauer zu richten hat.
Ich kenne die österreichischen Normen nicht und habe sie auch im Internet nicht gefunden. Daher werde ich versuchen, Ihnen das ganze auf der Basis der deutschen Normen zu erklären. Ich denke, in Österreich wird auch nicht groß anders gerechnet als bei uns.
Normalerweise wirken auf Fassaden, und somit auch auf Fenster, horizontale Lasten in Form von Winddruck und Windsog, denen die Fenster widerstehen müssen, ohne sich über ein gewisses Maß zu verformen.
Diese Windlasten sind abhängig von der Gegend, in der Sie wohnen, vom Gelände, der Höhe über dem Gelände und der Höhe über dem Meeresspiegel (NN).
Deutschland ist unterteilt in vier Windlastzonen, wobei Windlastzone 1 die mit den geringsten Windlasten und Windlastzone 4 die mit den höchsten ist.
Für Sie gehe ich nun mal vom bayerischen Grenzgebiet zu Österreich aus, das größtenteils in der Windlastzone 1 liegt.
Für die Windlasten an sich gibt es nun eine Tabelle mit vereinfachten Annahmen für Windlasten gemäß DIN 1055-4:2005-03.
Dieser Tabelle kann man die Windlasten entnehmen, die , abhängig von der Windlastzone und der Höhe der Fassade, für die jeweilige Fassade anzusetzen sind.
Je höher die Windlastzone und die Fassadenhöhe, desto höher die anfallende Windlast.
Wir nehmen also, wie oben beschrieben, die Windlastzone 1 und, da ich bei Ihnen von einem Einfamilienhaus ausgehe, eine Fassadenhöhe von bis zu 10m.
Dafür ergibt sich aus der Tabelle eine Windlast von 0,50kN/m². 0,50kN entsprechen in etwa 50kg. Diese Windlast fällt an bei einer Windgeschwindigkeit von rund 100km/h.
Diese Werte sind Anhaltswerte und gelten bis zu einer Höhe von 800m über NN.
Über einer Höhe von 800m erhöhen sie sich um 10% je 100m Geländehöhe.
Auch gelten sie nur für den mittleren Bereich der Wand. Im Eck- und Randbereich erhöhen sie sich um das 1,7fache, wobei sich dieser Bereich auf 1/5 der Gebäudebreite, von jeder Kante aus gemessen, erstreckt.
Gehen wir also mal davon aus, dass Sie unterhalb von 800m über NN wohnen, Ihr Fenster nicht mehr als 10m über dem Gelände und im mittleren Bereich der Wand liegt, Ihr Haus nicht an einer exponierten Stelle steht und bei Ihnen Windverhältnisse wie im bayerischen Grenzland herrschen. Dann müsste Ihr Fenster eine Windlast von 0,50kN/m² bzw. eine Windgeschwindigkeit von 100km/h aushalten, ohne sich über das zulässige Maß hinaus zu verformen.
Die zulässige Verformung ist natürlich auch definiert.
Sie beträgt für den Fensterrahmen l/200, höchstens aber 15mm. In Ihrem Fall also 2000mm/200=10mm.
Für das Glas beträgt sie l/300, bei Isolierglas jedoch max. 8mm. In Ihrem Fall 2000mm/300=6,7mm.
Um diese Maße also dürften sich Ihr Fensterrahmen bzw. das Glas bei einer horizontalen Last von 0,50kN/m² höchstens verformen.
Ich hoffe, das war einigermaßen verständlich und Sie können nun selbst einschätzen, wie es sich mit Ihrem Fenster verhält, da ich ja nicht weiß, wie sehr es wirklich gewackelt hat und wie stark Sie gedrückt haben.