Frage: Wir haben ein Wohnhaus im Allgemeinen Wohngebiet umgebaut zu zwei Mietwohnungen. Nun wollte ich unten noch zwei leerstehende Räume als Büro nutzen.
Das Bauamt möchte eine Nutzungsänderung. Beim persönlichen Gespräch mit dem Bauamt hat man mir mitgeteilt, dass bei mehr als zwei Wohneinheiten die Holztreppe und die Wohnungseingangstüren ein Problem darstellen, da diese nicht T(F)30 sind. Und so eine Treppe nicht so ohne weiteres F30 machbar sei.
Auch die Wohnungseingangstüren müssten feuer- und rauchfest sein. Man hat mir nahe gelegt, das Büro über eine neu zu errichtende Außentür begehbar zu machen.
Antwort: Ich denke, diese Aussagen sind soweit korrekt und sinnvoll. Sie sollten sie akzeptieren, auch die verlangte Nutzungsänderung.
Ich zitiere im Anschluss, kursiv geschrieben, aus der Landesbauordnung (LBO) Baden-Württemberg sowie aus der Allgemeinen Ausführungsverordnung zur LBO BW (LBOAVO BW). In normaler Schrift dann meine Anmerkungen dazu. Die LBO BW und die LBOAVO können Sie sich unter Downloads runterladen, ebenso wie die LBOs der meisten anderen Bundesländer.
Zunächst zur von Ihrem Baurechtsamt gewünschten Nutzungsänderung. Zwar besagt die LBO in §2 Begriffe (3):
Wohngebäude sind Gebäude, die überwiegend der Wohnnutzung dienen und außer Wohnungen allenfalls Räume für die Berufsausübung freiberuflich oder in ähnlicher Art Tätiger sowie die zugehörigen Garagen und Nebenräume enthalten.
Somit bleibt Ihr Haus auch nach den durchgeführten oder geplanten Maßnahmen ein Wohngebäude. Gleichzeitig schreibt der Gesetzgeber jedoch z.B. in §37 Stellplätze und Garagen (2) LBO vor:
Bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen sind Stellplätze oder Garagen in solcher Zahl herzustellen, dass die infolge der Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufgenommen werden können. Eine Abweichung von dieser Verpflichtung ist zuzulassen bei der Teilung von Wohnungen sowie bei Vorhaben zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches, wenn die Baugenehmigung oder Kenntnisgabe für das Gebäude mindestens fünf Jahre zurückliegen und die Herstellung auf dem Baugrundstück nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten möglich ist.
Das heißt also, dass die Forderung einer Nutzungsänderung durch Ihr Baurechtsamt legitim ist, auch wenn Ihr Wohngebäude ein Wohngebäude bleibt. Die Behörde kann anschließend von Ihnen verlangen, dass Sie die für die neue Anzahl von Wohnungen und Büroräumen vorgeschriebenen Stellplätze nachweisen bzw. schaffen. Wie Sie oben lesen können sind Abweichungen möglich. Da Ihr Baurechtsamt, wie mir scheint, recht konstruktive Vorschläge macht denke ich, dass sie auch hierbei mit sich reden lassen.
Nun zur Frage der Brandschutzeigenschaften von Treppe und Türen.
Die LBO besagt in §28 Treppen, Treppenräume, Ein- und Ausgänge, Flure, Gänge, Rampen:
(1) Treppen, Treppenräume, Ein- und Ausgänge, Flure, offene Gänge und Rampen müssen gut begehbar und verkehrssicher sein. Sie müssen in solcher Zahl vorhanden und so angeordnet und ausgebildet sein, dass sie für den größten zu erwartenden Verkehr ausreichen und die erforderlichen Rettungswege bieten.
(2) Jedes von dem umgebenden Gelände nicht betretbare Geschoß mit Aufenthaltsräumen muss über mindestens eine Treppe (notwendige Treppe) zugänglich sein. Einschub- und Rolltreppen sind als notwendige Treppen unzulässig. Statt notwendiger Treppen können Rampen mit flacher Neigung zugelassen werden, wenn wegen der Nutzung der Geschosse und wegen des Brandschutzes keine Bedenken bestehen.
(3) Jede notwendige Treppe muss in einem eigenen, durchgehenden Treppenraum liegen (notwendiger Treppenraum). Dies gilt nicht für notwendige Treppen in
1. mehrgeschossigen Wohnungen,
2. Wohngebäuden geringer Höhe bis zu zwei Wohnungen und
3. land- und forstwirtschaftlichen Betriebsgebäuden.
Konkretisiert wird dies in der LBOAVO in §10 Treppen und §14 Türen, Fenster:
§ 10 Treppen (zu § 28 Abs. 1 und 2 LBO)
(1) Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes muss eine notwendige Treppe oder ein Ausgang ins Freie in höchstens 40 m Entfernung erreichbar sein.
(2) Die nutzbare Breite notwendiger Treppen muss mindestens 1 m, bei Treppen in Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen mindestens 0,8 m betragen. Dies gilt nicht für Treppen in mehrgeschossigen Wohnungen. Für Treppen mit geringer Benutzung können geringere Breiten zugelassen werden.
(3) Die tragenden Teile notwendiger Treppen sind herzustellen
1. bei Gebäuden geringer Höhe aus nichtbrennbaren Baustoffen oder aus Hartholz,
2. bei sonstigen Gebäuden aus nichtbrennbaren Baustoffen.
Dies gilt nicht für Treppen in
1. mehrgeschossigen Wohnungen,
2. Wohngebäuden geringer Höhe mit bis zu zwei Wohnungen,
3. land- und forstwirtschaftlichen Betriebsgebäuden.
(4) Treppenstufen dürfen nicht unmittelbar hinter einer Tür beginnen, die in Richtung der Treppe aufschlägt.
Zwischen Treppe und Tür ist in diesen Fällen ein Treppenabsatz anzuordnen, der mindestens so tief sein muss, wie die Tür breit ist.
(5) Treppen müssen mindestens einen festen und griffsicheren Handlauf haben. Dies gilt nicht für Treppen
1. in mehrgeschossigen Wohnungen,
2. in Höhe des Geländes oder mit einer Absturzhöhe von nicht mehr als 1m,
3. mit nicht mehr als fünf Stufen oder
4. von Anlagen, die nicht umwehrt werden müssen.
§ 14 Türen, Fenster (zu § 30 Abs. 1, § 15 Abs. 1 und 3 und § 16 LBO)
(1) Mindestens dichtschließende Türen müssen vorhanden sein in den Öffnungen zwischen
1. notwendigen Treppenräumen und Wohnungen,
2. notwendigen Fluren und Wohnungen,
3. notwendigen Treppenräumen und notwendigen Fluren, die zu nicht mehr als sechs Wohnungen oder Nutzungseinheiten entsprechender Größe führen.
(2) Mindestens rauchdichte und selbstschließende Türen müssen vorhanden sein in den Öffnungen zwischen
1. notwendigen Treppenräumen und notwendigen Fluren, ausgenommen notwendigen Fluren, die zu nicht mehr als sechs Wohnungen oder Nutzungseinheiten entsprechender Größe führen,
2. notwendigen Treppenräumen von Gebäuden geringer Höhe und Nutzungseinheiten, die einer Büro- oder Verwaltungsnutzung dienen und nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 keinen notwendigen Flur haben müssen,
3. notwendigen Treppenräumen von Gebäuden geringer Höhe und Untergeschossen oder Dachräumen ohne Aufenthaltsräume sowie Werkstätten, Verkaufsstätten, Lagerräumen oder ähnlichen Räumen,
4. Wohnungen in Gebäuden geringer Höhe und anderen Räumen.
Notwendige Flure mit einer Länge von mehr als 40 m Länge müssen durch nicht abschließbare Türen nach Satz 1 unterteilt werden.
(3) Mindestens feuerhemmende und selbstschließende Türen müssen vorhanden sein in den Öffnungen zwischen
1. notwendigen Treppenräumen und Nutzungseinheiten, die einer Büro- oder Verwaltungsnutzung dienen
und nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 keinen notwendigen Flur haben müssen,
2. notwendigen Treppenräumen und Untergeschossen oder Dachräumen ohne Aufenthaltsräume sowie Werkstätten, Verkaufsstätten, Lagerräumen oder ähnlichen Räumen,
3. Wohnungen und anderen Räumen.
Satz 1 gilt nicht für Gebäude geringer Höhe.
(4) Mindestens feuerbeständige und selbstschließende Türen müssen vorhanden sein in den Öffnungen
1. von inneren Brandwänden,
2. von Wänden, die nach § 8 Abs. 8 anstelle von inneren Brandwänden zugelassen werden.
(5) Fenster, die als Rettungswege dienen, müssen im Lichten mindestens die Größe eines Quadrates mit Seitenlängen von 0,9 m haben. Sie müssen von innen ohne Hilfsmittel vollständig zu öffnen sein. Die Unterkante
der lichten Öffnung darf nicht mehr als 1,2 m über dem Fußboden liegen. Liegen diese Fenster in Dachschrägen oder Dachaufbauten, darf ihre Unterkante oder ein davor liegender Austritt horizontal gemessen nicht mehr als 1,0 m von der Traufkante entfernt sein.
(6) An allgemein zugänglichen Verkehrsflächen müssen Glastüren und andere Glasflächen so ausgebildet oder gekennzeichnet sein, dass sie leicht erkennbar sind.
Sie sehen in §28 LBO, dass Sie eine „notwendige Treppe“ bzw. einen „notwendigen Treppenraum“, die nach den Vorschriften des Brandschutzes ausgeführt sein müssen, benötigen, sobald Ihr Haus über mehr als zwei Wohnungen verfügt. Zwar sind Ihre geplanten Büros keine zusätzliche Wohnung, doch stellen diese eine zusätzliche Nutzungseinheit dar.
Ihre Holztreppe könnte die Anforderungen nach LBOAVO §10 (3) zwar erfüllen, sofern sie aus Hartholz, also beispielsweise Eiche, ist. Um den Einbau von T30-RS-Türen dürften Sie aber nicht herumkommen.
Daher denke ich, Sie sollten dem Vorschlag des Baurechtsamts folgen und eine separate Eingangstür für Ihre Büroräume einbauen lassen. Dies kommt Sie allemal billiger als die andernfalls nötigen Umbaumaßnahmen im Innern des Gebäudes.
Auch habe ich das Gefühl, dass es sich bei den Mitarbeitern Ihres Baurechtsamts durchaus um Menschen handelt, die sich um das Wohl des Bürgers bemühen. Ansonsten hätten sie sich wohl nicht die Mühe gemacht, Ihnen diese Lösung aufzuzeigen, sondern stur auf die Vorschriften gepocht, egal was es Sie gekostet hätte. Mein Rat wäre daher, diesen Vorschlägen zu folgen und mit dem Baurechtsamt zusammenzuarbeiten.