Frage: Wir möchten ein älteres Haus umbauen. Woran erkennt man, welche Wand tragend und welche nichttragend ist?
Antwort: Diese Frage lässt sich ohne Kenntnis des konkreten Falls nicht umfassend beantworten, da ältere Häuser oft nicht nach den heute gültigen Grundsätzen der Statik gebaut wurden. Dennoch möchten wir Ihnen einige Anhaltspunkte vermitteln, wie Sie tragende von nichttragenden Wänden unterscheiden können. Im Zweifelsfall sollten Sie jedoch unbedingt einen Fachmann (Statiker, Architekt, Maurer- oder Zimmerermeister) zu Rate ziehen. Dies kommt Sie in jedem Fall billiger als die Behebung der Schäden, die durch einen Abriss von Konstruktionen entstehen könnten, die sich im Nachhinein eben doch als tragend (oder besser ehemals tragend) erweisen.
Auf gar keinen Fall ohne Hinzuziehen eines Fachmanns abreißen dürfen Sie jegliche Arten von Außenwänden. Diese sind in den allermeisten Fällen tragend oder zumindest aussteifend und für den Laien nicht einzuschätzen.
Nun zu den Wänden, die Sie ohne Bedenken abreißen können.
Zwischenwände aus Gipsdielen oder Trockenbauwände (Gipskarton auf Metallprofilen oder Holzrahmenschenkeln) sind auf keinen Fall tragend. Jedoch können in diesen Wänden Wasser- und Elektroleitungen verlaufen.
Also: nicht blindwütig mit dem Vorschlaghammer sondern mit Bedacht zu Werke gehen!
Falls Sie sich nicht sicher sind, ob oder welche Leitungen in der Wand verlaufen, entfernen sie zunächst Tapete und/oder Beplankung und schauen sich die Sache in Ruhe an.
Dies gilt natürlich auch für alle anderen Arten von Wänden.
Bei Mauerwerkswänden wird die Sache schon schwieriger. Wenn Sie in einem Neubau eine 11,5er Mauerwerkswand (11,5cm stark) vorfinden, ist diese oft nicht tragend. Laut DIN beträgt die Mindestdicke für tragende Mauerwerkswände 11,5cm. Es kann also durchaus auch sein, dass eine 11,5er Mauerwerkswand tragend ist, wenn es auch nicht so häufig vorkommt. Dient eine 11,5er Wand beispielsweise als Trennwand zwischen zwei Räumen und stößt an eine Außenwand und eine dickere Innenwand, so sind diese tragend und die 11,5er Wand höchstwahrscheinlich nicht. Steht die 11,5er Wand dagegen z.B. am Treppenloch, so kann es sein, dass sie tragend ist. Im Normalfall jedoch sind tragende Innenwände stärker als 11,5cm.
Bei alten Häusern kann man sich in dieser Hinsicht nicht unbedingt sicher sein. Ein Hinweis kann sein, dass tragende Wände im Normalfall immer geschossweise übereinander liegen, um die Kräfte nach unten abzuleiten. Falls also im Geschoss unter bzw. über der fraglichen Wand an der selben Stelle nicht auch eine Wand oder Stütze steht, können Sie mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass diese Wand nicht tragend ist. Im Zweifel fragen Sie einen, der sich damit auskennt.
Vergessen Sie beim Messen der Wandstärke nicht, die Putzstärke mit einzurechnen. Wenn Sie also eine Wandstärke von 14,5 oder 15,5cm messen, heißt das nicht, dass Sie ein Mauerwerk von 14,5 oder 15,5cm vor sich haben (gibt es auch gar nicht), sondern es handelt sich um eine 11,5er Mauerwerkswand mit beidseitig 1,5 bzw. 2cm Aufbau aus Putz und einer oder mehreren Schichten Tapeten o.ä..
Analog gilt dies natürlich auch für sämtliche anderen Mauerwerksstärken.
Bei einer Mauerwerksstärke von 17,5cm ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine tragende Wand handelt, sehr hoch bis 100%, bei größeren Wandstärken sowieso. Hier also nicht ohne Hinzuziehen eines Fachmanns eingreifen!
Dies gilt ebenso für alle Wände aus Stahlbeton.
Stützen/Pfosten jeglichen Materials gehören natürlich auch zu den Bauteilen, die man nicht so einfach abreißen kann, da Sie, wie der Name schon sagt, eine stützende, also statische Funktion erfüllen.
Das heißt: Fachmann hinzuziehen!
Falls das Haus, das Sie umbauen möchten, ein Fachwerkhaus ist, fragen Sie bitte auf jeden Fall einen Fachmann, bevor Sie die Motorsäge anwerfen und evtl. irreparable Schäden verursachen.
Fachwerkhäuser wurden in der Regel in einer Zeit erbaut, in der nicht nach statischen Berechnungen, sondern nach Traditionen und Erfahrungswerten gebaut wurde. Auch gibt es bei der Konstruktion starke regionale Unterschiede.
Viele Fachwerkbauten hätten nach heutigen statischen Berechnungen keinen Tag stehen dürfen, sie tun es aber teilweise seit Jahrhunderten. Auch zeigt sich oft, dass Bauteile, die damals für die Kraftableitung eingebaut wurden, heute keinerlei Kräfte aufnehmen. Andere wiederum, die nur zur Ausfachung oder als Riegel eingebaut wurden, leiten die Kräfte ab, für deren Aufnahme sie nie gedacht waren. Dies gilt , insbesondere auf dem Land, auch noch für viele Gebäude aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die im Eigenbau ohne größere Sachkenntnis entstanden sind.
Daher sollten Sie bei einem Umbau eines Fachwerkhauses immer einen Fachmann in Gestalt eines Zimmerermeisters, Statikers oder Architekten zu Rate ziehen. Trauen sie sich auch danach bei den Umbau- und Sanierungsarbeiten nicht zuviel zu, sondern beauftragen lieber eine kompetente Zimmerei mit den Arbeiten. Dies erspart Ihnen gegebenenfalls viel Geld, Zeit und Nerven.