Frage: Hallo, für meinen genehmigten Anbau in Baden-Württemberg, habe ich folgende Frage.
Es handelt sich um einen Grenzbau im Industriegebiet der eingeschossig bis max 12,00 Meter lt. Bebauungsplan ausgeführt werden könnte.
Meine Bauhöhe im Grenzbereich ist 6,90m.
Mir wurde eine zweigeschossige Genehmigung erteilt, jedoch nicht im Grenzbereich von 2,50m. Damit entstand ein Umbauter - Freiraum den ich nicht für das 2. Geschoss nutzen kann. Bei dem 1. Geschoss handelt es sich um eine Garage.
Wie kann ich rechtlich zu der Mehrfläche für das 2. Geschoss kommen. Es handelt sich um ca. 10,50m Länge x 2,50m Breite und 3,33m Höhe.
Antwort: So wie Sie es beschreiben, denke ich, dass in Ihrem Bebauungsplan die Höhe baulicher Anlagen auf 12,00m und die Anzahl der zulässigen Vollgeschosse auf eines begrenzt ist.
Daher wird Ihr Architekt das obere Geschoss so geplant haben, dass es nicht als Vollgeschoss zählt. Wäre die Geschossfläche dieses Geschosses größer, also z.B. genauso groß wie die des unteren Geschosses, wie Sie es gerne hätten, dann wäre dieses Geschoss ein Vollgeschoss. Dies ist aber nach Ihrem Bebauungsplan nicht zulässig.
Was ein Vollgeschoss ist, steht im Artikel Vollgeschoss.
In der Baunutzungsverordnung (BauNVO) steht zum Maß der baulichen Nutzung von Grundstücken u.a. in
§ 20 Vollgeschosse, Geschossflächenzahl, Geschossfläche
(1) Als Vollgeschosse gelten Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind oder auf ihre Zahl angerechnet werden.
(2) Die Geschossflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Abs. 3 zulässig sind.
(3) Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind.
(4) Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt.
§ 21 Baumassenzahl, Baumasse
(1) Die Baumassenzahl gibt an, wieviel Kubikmeter Baumasse je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Abs. 3 zulässig sind.
(2) Die Baumasse ist nach den Außenmaßen der Gebäude vom Fußboden des untersten Vollgeschosses bis zur Decke des obersten Vollgeschosses zu ermitteln. Die Baumassen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände und Decken sind mitzurechnen.
Bei baulichen Anlagen, bei denen eine Berechnung der Baumasse nach Satz 1 nicht möglich ist, ist die tatsächliche Baumasse zu ermitteln.
(3) Bauliche Anlagen und Gebäudeteile im Sinne des § 20 Abs. 4 bleiben bei der Ermittlung der Baumasse unberücksichtigt.
(4) Ist im Bebauungsplan die Höhe baulicher Anlagen oder die Baumassenzahl nicht festgesetzt, darf bei Gebäuden, die Geschosse von mehr als 3,50 m Höhe haben, eine Baumassenzahl, die das Dreieinhalbfache der zulässigen Geschossflächenzahl beträgt, nicht überschritten werden.
§ 21a Stellplätze, Garagen und Gemeinschaftsanlagen
(1) Garagengeschosse oder ihre Baumasse sind in sonst anders genutzten Gebäuden auf die Zahl der zulässigen Vollgeschosse oder auf die zulässige Baumasse nicht anzurechnen, wenn der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht.
(2) Der Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Abs. 3 sind Flächenanteile an außerhalb des Baugrundstücks festgesetzten Gemeinschaftsanlagen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 22 des Baugesetzbuchs hinzuzurechnen, wenn der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht.
(3) Soweit § 19 Abs. 4 nicht entgegensteht, ist eine Überschreitung der zulässigen Grundfläche durch überdachte Stellplätze und Garagen bis zu 0,1 der Fläche des Baugrundstücks zulässig; eine weitergehende Überschreitung kann ausnahmsweise zugelassen werden
1. in Kerngebieten, Gewerbegebieten und Industriegebieten,
2. in anderen Baugebieten, soweit solche Anlagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Baugesetzbuchs im Bebauungsplan festgesetzt sind.
(4) Bei der Ermittlung der Geschossfläche oder der Baumasse bleiben unberücksichtigt die Flächen oder Baumassen von
1. Garagengeschossen, die nach Absatz 1 nicht angerechnet werden,
2. Stellplätzen und Garagen, deren Grundflächen die zulässige Grundfläche unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 überschreiten,
3. Stellplätzen und Garagen in Vollgeschossen, wenn der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht.
(5) Die zulässige Geschossfläche oder die zulässige Baumasse ist um die Flächen oder Baumassen notwendiger Garagen, die unter der Geländeoberfläche hergestellt werden, insoweit zu erhöhen, als der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht.
In den §§ 20 und 21 sehen Sie, wie Geschossflächen und Baumasse grundsätzlich definiert sind und was dazu im Bebauungsplan zusätzlich festgesetzt werden kann.
In §21a werden Angaben zu Garagengeschossen gemacht. Unter Punkt (1) sehen Sie, dass im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Garagengeschosse nicht auf die Zahl der zulässigen Vollgeschosse oder die zulässige Baumasse anzurechnen sind.
Sie schreiben, dass Ihr unteres Geschoss ein Garagengeschoss ist. Schauen Sie in Ihrem Bebauungsplan nach, ob dieser die oben beschriebene Regelung enthält. Wenn ja, wäre es kein Vollgeschoss. Sie dürften somit das obere Geschoss als Vollgeschoss ausführen und bis auf die Grenze erweitern, wenn der Bebauungsplan dem entspricht, wie Sie es beschrieben bzw. ich es verstanden habe.
Wenn nein, so haben Sie kein Anrecht darauf, Ihr Vorhaben zu verwirklichen. Sie könnten sich dann nur um eine Ausnahmegenehmigung bemühen, um die Vorgaben des Bebauungsplans überschreiten zu können.
Ob Sie diese bekommen liegt dann in der Hand des Gemeinderates und der Behörden.
Die BauNVO und mehr finden Sie unter Downloads.